Mit multimedialen Mitteln versuche ich das Ephemere zu dokumentieren – ein Widerspruch, der zum Ausgangspunkt meiner Arbeit wird.
„wind und wetter“ ist Teil meines Archivs immaterieller Denkmäler und spielt mit der Ambivalenz der Flagge: Identitätsträger, Herrschaftssymbol, aber auch leerer Bildträger.
Auf Fahnenstoff gedruckte Fotografien von weißen Wolken am blauen Himmel werden an öffentlichen Masten gehisst. Sie zeigen das, was sie bewegt: Wind, Wetter, Wandel – anstelle von Hoheitszeichen nun der Blick in den offenen Himmel.
Die Arbeit unterwandert bewusst den patriarchalen Machtgestus der Flagge und öffnet Raum für neue Lesarten: Zugehörigkeit, Schicksal, territoriale Abgrenzung und kollektive Identität werden nicht festgeschrieben, sondern zur Disposition gestellt.
Die Flagge bleibt – doch was sie zeigt, entzieht sich der Vereinnahmung.
Die Kunsthistorikerin Lara Bader schreibt hierzu:
Ihrer Funktion nach markieren Flaggen Zugehörigkeiten verschiedener Art sowie besondere Botschaften. Doch statt symbolträchtiger Motive zeigen die Flaggen der Installation Wind und Wetter (2021) von Chili Seitz fotografierte Himmelsansichten. Diese ähneln sich, sind jedoch jeweils einzelne, unikale Momentaufnahmen von Wolken, die durch einen ansonsten blauen Himmel ziehen. Im Wind werden sie zu Bewegtbildern.
Die Ansichten widersprechen dem ursprünglich militärisch-patriarchalen Machtgestus des Flagge-Zeigens, schließlich bilden sie ab, was territorial nicht vom Menschen erobert werden kann. Die Künstlerin besetzt bereits installierte Masten und konterkariert die sonst an dieser Stelle angebrachten hegemonialen Botschaften, indem sie zeigt, was eh schon da ist. Sie fügt dem Ort nichts Neues hinzu, sondern lenkt die Aufmerksamkeit auf das stets Gegebene: Wind und Wetter.
Bei den Standorten der wandernden Installation handelt es sich stets um Orte mit Weitsicht. Dort werden die meist lokalen Erkennungszeichen ersetzt durch Himmelsansichten, deren Motiv jedem Menschen geläufig ist. Sie schließen niemanden aus – ganz im Gegenteil, denn die Alltäglichkeit des Anblicks markiert jeden Menschen als Weltbürger*in.
Lara Bader
Dieses Projekt wurde durch den Kunstbeirat und die Stadt Kiel im Rahmen der Kunst im öffentlichen Raum in Kiel und Schleswig-Holstein gefördert.
Wind und Wetter, immer in Bewegung.
Vor dem Rathaus Kiel
an der contemporary art gallery Kunstplass, Oslofjord, Norwegen
Bootshafen Kiel
Steinzeitgrab Denghoog, Sylt / Wenningstedt
Der erste laue Abend...
Abendflaute
Der erste Schnee seit Jahren und endlich frischt der Wind auf.
Am Tag als die Fahnen gehisst wurden war es total windstill.