melt, 2023

Die Arbeit „melt“, bestehend aus 65 Cyanotypie Photographien im Format jeweils 30 x 40 cm, thematisiert den Klimanotstand, schmelzende Gletscher und den steigenden Meeresspiegel. Die Gletscherlagune, in der diese Drucke entstanden, mündet direkt ins offene Meer. Die genaue Ortsangabe dieser Werkserie ist wesentlicher Bestandteil der Archivierung.

melt, Kvíárjökull / Vatnajökull Glacier, 63°56’20.2128’’N, 16°27’40.2631’’W, Iceland, 02. June 2023

Jeder Cyanotypie-Druck wurde in der Gletscherlagune selbst unter Verwendung von Brocken schmelzendem Gletschereises erstellt. Die Sonne, die diesen fotografischen Prozess initiiert, leitet auch das Verschwinden des Eises ein. Das schmelzende Eis schreibt sich durch den Cyanotypie-Prozess in das Material ein und hinterlässt amorphe Formen, als würde es die letzten Spuren des unvermeidlich verlorenen Gletschereises einfangen. Die daraus resultierende Arbeit ist ein Beweis für den langsamen Verlust unserer Gletscher weltweit.

Gefördert wurde der Research-Prozess durch das Neustart plus Stipendium, verliehen durch die Stiftung Kunstfond, Bonn.

"Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf die wundervolle Arbeit „melt“ im Raum 4 zu sprechen kommen. Eine Wandinstallation von 54 Cyanotypien, die sich direkt auf der Linie zwischen Aquarell und Fotografie befinden. Was wie ein Foto aussieht könnte auch mit Tusche auf das Papier gebracht sein. Und auch hier, hinter der Schönheit ein umweltkritischer Hintergrund. Der Titel erzählt uns wieder den genauen Ort: ein Gletschersee auf Island. Gletschereisblöcke, die auf dem See getrieben sind und durch die Klimaerwärmung zum Schmelzen kommen. Chili Seitz hat diese direkt auf das Papier gelegt, damit sie durch die Technik der Cyanotypie zum Bild werden. Mikrobestandteile des jahrhundertalten Eises werden hier freigesetzt und ihr direktes Abbild für die Ewigkeit bewahrt.
Intertidal Ecographies: ist ein stetig wachsendes Archiv über Zustände und Formen topografischer Oberflächen, die in ihrer Abstraktion und ihrem Herstellungsprozess gleichzeitig Fragen der Kunst, der Landschaftsdarstellung und der Materialität durchdeklinieren. Fragen der Ästhetik bekommen hier gleichwertig ihren Raum neben ökologischen Aspekten. Jedes einzelne Objekt erscheint als festgehaltenes Momentum der Gegenwart, das Vergangenes und das Zukünftige in sich aufnimmt.
Eine ästhetische Bestandsaufnahme diverser Ökosysteme.“

(Aus der Rede von Dr. Peter Kruska, Leiter der Stadtgalerie Kiel, anlässlich meiner Einzelausstellung „intertidal ecographies“ in der Hans-Kock Stiftung, Seekamp, Juli 2023)


melt, 2023
melt, 2023
melt, 2023
melt, 2023